Unermüdlich mit viel Herz und Verstand: Fünf Berliner “Gestalter:innen der Zivilgesellschaft” ausgezeichnet
Notiert von jor ~ 10. September 2021 ~
Feierliche Urkundenübergabe mit Senatorin Elke Breitenbach, Schirmherrin des Wettbewerbs, am 14. September am Pariser Platz
Was Freiwillige in der Stadt bewegen, das hat die Berliner Engagementwoche über zehn Jahre näher gebracht, mit Hinweisen auf Veranstaltungen und Mit-Mach-Aktionen. Diesmal wählt die Veranstalterin, die Landesfreiwilligenagentur Berlin e.V., einen anderen Weg, um verdiente freiwillig engagierte Menschen ins Rampenlicht zu rücken: Sie lobte gemeinsam mit dem Landesnetzwerk Bürgerengagement einen Wettbewerb aus, bei dem gemeinnützige Organisationen Freiwillige aus ihren Reihen benennen konnten, die im kleinen Rahmen viel gestalten – und die deshalb umso mehr eine große Anerkennung verdienen.
Jetzt hat die Jury fünf dieser „Gestalter:innen der Zivilgesellschaft“ ausgewählt. Von Montag bis Freitag stellen wir die diesjährigen Gestalter:innen im Videoportrait vor. Am Dienstag, dem 14. September um 17:00 Uhr, übergibt die Schirmherrin des Wettbewerbs, Senatorin Elke Breitenbach, feierlich die Urkunden auf dem Pariser Platz. Und das sind sie, die Gestalter:innen 2021.
Er kennt den Krieg, liebt den Frieden – und engagiert sich für obdachlose Menschen: Maseihullah Nabizada
Geflüchtet aus Afghanistan, muss ihm niemand erzählen, was es bedeutet, notleidend zu sein. Vielleicht scheut er deshalb auch in der Notübernachtung für obdachlose Menschen am Hauptbahnhof keinen Einsatz, die Dusche für Rollstuhlfahrer und das Bettenabziehen ebensowenig wie Gespräche mit den besonders gebeutelten Klient: innen. Seine vielfältigen Sprachkenntnisse und sein großes Herz helfen dem Brückenbauer dabei – und der Umstand, dass seine Herkunft für niemand eine Rolle spielt.
Sie verkuppelt Bücherwürmer mit Kindern zum Lese-Date: Ursula Frommholz
Seit 2007 ehrenamtliche Vorständin von Lesewelt Berlin e.V., hat sie wirklich einen langen Atem bewiesen. Ein beharrliches Engagement für etwas, was vieles auf- und erschließt: Lese-Interesse und ‑Kompetenz von Kindern, denen das nicht in die Wiege gelegt ist. Ihr Verein organisiert Vorlesestunden für bildungsbenachteiligte Kinder im Alter von vier bis zwölf Jahren in Berliner Bibliotheken und Kitas mit Hilfe von ehrenamtlichen Vorlesepaten.
Sie sammelt Stimmen, die Vergangenheiten erzählen und deren Lektionen bewahren: Dr. Gertrud Achinger
Mittlerweile 84 Jahre alt, kann sie selbst von vielem erzählen. Aber als langjährige Vorständin der ZeitZeugenBörse Berlin e.V., für den sie seit 20 Jahren aktiv ist, sucht die Soziologin immer noch Menschen, in deren Berichten Vergangenes gegenwärtig bleiben kann. Aktuell betreut sie dafür Zeitzeug:innen mit Migrationshintergrund. Nie scheut sie die Bürokratie, das Anträge schreiben. Aber lieber gewinnt sie junge Menschen, die ehrenamtlich im Verein mitarbeiten.
Sie sorgt für einen sicheren Hafen, in dem ehemalige Heimkinder zu sich kommen können: Sabrina Knüppel
Unermüdlich ist ihr Engagement zugunsten der Königsheider Eichhörnchen e. V. Ein Verein, der Bewohner/innen des ehemals größten Kinderheimes der DDR zusammenbringt und betreut. Lange war deren Leid tabuisiert, ihre Traumata nicht anerkannt, ihre körperliche Versehrung bagatellisiert. Betroffene schämten sich, ‘Heimkind’ zu sein. Umso wertvoller, wenn Sabrina Knüppel als Vorständin Gemeinschaftserlebnisse ermöglicht, die Aufgehobensein und Selbstvertrauen vermitteln.
Sie bietet eine starke Schulter, wenn die ganze Welt voller Hürden und Widerstände ist: Therese Kupke
Gut möglich, dass sie die schwerste Aufgabe hat, die man sich ehrenamtlich vorstellen kann. Seit 2015 hat sie fünf junge Menschen aus Syrien, Afghanistan und Guinea begleitet – im Rahmen ehrenamtlicher Einzelvormundschaften für unbegleitete minderjährige Geflüchtete. Das bedeutet: die Mündel rechtlich vertreten, sie menschlich stärken, ihnen dauerhafte Perspektiven bieten. Im Hintergrund die Armut, die Gewalt, die Entwurzelung, die sie erfahren haben. Das braucht so viel Herz wie Expertise. akinda, das Berliner Netzwerk Einzelvormundschaften, ist ihr sehr dankbar dafür.
Fünf Vorbilder, Wegbereiter:innen und Umsetzer:innen von Mitmenschlichkeit und Gemeinwohlorientierung
Wir freuen uns sehr, einmal einzelne Persönlichkeiten zu würdigen, die sonst kaum wahrgenommen werden. Auf ihr Tun konzentriert, ohne viel Wind zu machen, mit langem Atem vorangehend, ohne aus dem Tritt zu kommen: So bringen sich die fünf Ausgezeichneten ein. Als Vorbilder, Wegbereiter:innen und Umsetzer:innen von Mitmenschlichkeit und Gemeinwohlorientierung. Die fünf Auserwählten sind für sich großartig, aber stehen auch stellvertretend für eine engagierte Stadtgesellschaft, in der sich Tausende tagtäglich einbringen. Mein herzlicher Glückwunsch – und meine große Bitte, diesen Menschen eine mediale Bühne zu bieten. (Carola Schaaf-Derichs)
Quelle:
Pressemitteilung, 10.09.2021 (pdf)
Gestalter:innen der Zivilgesellschaft | Wettbewerb Gestalter:innen 2021
zuletzt aktualisiert 13.09.2021