25 Jahre Hilfsbereitschaft – ein Fest der engagierten Bürgergesellschaft
Notiert von Carola Schaaf-Derichs ~ 14. September 2013 ~
Gut gelaunt trafen sich gestern, am ersten Tag der 3. berliner-engagement-woche, rund 200 Gäste aus früheren und heutigen Tagen der Landesfreiwilligenagentur Berlin im Roten Rathaus, um das 25-jährige Bestehen des Vereins Die Hilfsbereitschaft e.V. und des Treffpunkts Hilfsbereitschaft zu feiern.
Schon vor dem Festsaal bildete sich eine lange Schlange von Gratulantinnen und Gratulanten aus Gesellschaft, Unternehmen und Politik, die bunte Sträuße, Geschenke und vielfältige Glückwünsche für Carola Schaaf-Derichs und ihr Team mitgebracht hatten.
Timofey Sattarov mit dem Akkordeon und Francisco Hidalgo am Kontrabass vom Trio Laccasax (Lakasax) setzten dann den begeisternd furiosen musikalischen Auftakt zur Jubiläumsfeier.
Helga Metzner und Anke Otto, die beiden Vorsitzenden des Trägervereins Die Hilfsbereitschaft, begrüßten die Gäste und lenkten in ihrer Bestandsaufnahme der gesetzten Ziele den Blick besonders auf die Bedeutung von Bürgerbeteiligung und lebendiger Demokratieentwicklung bereits in Kindheit und Jugend.
Berlins Beauftragte für Bürgerschaftliches Engagement, Staatssekretärin Hella Dunger-Löper, übermittelte als Gastgeberin die besten Glückwünsche des Regierenden Bürgermeisters. Sie pries die Errungenschaften des Treffpunkts Hilfsbereitschaft, vor allem die Entstehung des “aktiv in Berlin” Landesnetzwerks Bürgerengagement und der Runden Tische zur Förderung des Freiwilligen Engagements in Berlin.
Dirk Gerstle, Staatssekretär für Soziales in der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, unterstrich die fachliche Entwicklung der Landesfreiwilligenagentur und ihre weit über Berlin hinaus gehenden Entwicklungsimpulse für diesen neuen Einrichtungstypus. Er versprach, dass auch nach vollendetem 25.sten Lebensjahr das für weiteres erfolgreiches Gedeihen notwenige „Kindergeld“ aus der Senatsverwaltung für Soziales fließen werde.
In der Diskussionsrunde forderte Moderator Gerd Appenzeller, Herausgeber des Tagesspiegels, dazu auf, hier nicht nach dem Munde zu reden, vielmehr kritisch zu beleuchten, wie es seinerzeit um den Start der Hilfsbereitschaft vor 25 Jahren bestellt gewesen war: kein Selbstläufer, vielmehr hart errungenes Profil eines neuen Typus von Einrichtung in der Landschaft der Wohlfahrtsverbände.
Ulf Fink, damaliger Senator und Initiator des Treffpunkts, erinnerte daran, dass die Sozialpolitik Anfang der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts mit dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) erstmals einen Rechtsanspruch auf das Führen eines menschenwürdigen Lebens begründet hatte, eine Errungenschaft, die bis heute in vielen Staaten nicht gegeben ist: “Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht.” (SGB XII, § 1, Satz 1)
Diese für Deutschland grundlegende Klärung habe dann in Berlin nach der Einführung der Sozialstationen den Blick für das weiter bestehende soziale Problem der Einsamkeit vieler älterer Menschen geschärft. Nach einigen Werbeaktionen zur Stärkung sozialen Engagements in Berlin in der ersten Hälfte der achtziger Jahre sei es so dann zur Gründung des Treffpunkts Hilfsbereitschaft gekommen. Fink betonte, schon damals habe es Ansätze gegeben, die Bereiche des Ehrenamtes, der Selbsthilfe und der Nachbarschaftshilfe zu verschmelzen; trotz der völlig unterschiedlichen Ansätze und Motivationen.
Dr. Thomas Röbke vom Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement Bayern zitierte ein Grundverständnis aus der Gründungszeit seines Netzwerks: Die Hauptamtlichen machen den Rahmen, die Ehrenamtlichen machen die Bilder. Der Mensch sei mit Aristoteles gesprochen eben ein Zoon Politikon, ein soziales und politisches Wesen. Er möchte sein Leben als gestaltbar begreifen und gestalten. So sei nicht zuletzt ja auch der Sozialstaat auf dem Ehrenamt gebaut, wurde und werde dadurch erst ermöglicht. Das Bürgerschaftliche Engagement habe daher als Innovationskraft in unserer Gesellschaft seinen Platz in der Mitte der gesellschaftlichen Entwicklungen – und nicht an ihren Rändern.
Dr. Susanne Lang, Geschäftsführender Vorstand des Centrums für Corporate Citizenship Deutschland, erinnerte sich an ihren Einstieg in das Feld des Bürgerschaftlichen Engagements 1998: Schon damals vor 15 Jahren habe sie festgestellt, dass überall da, wo es wie beim Unternehmensengagement um anspruchsvolle Themen ging, der Treffpunkt Hilfsbereitschaft bereits dabei gewesen sei. Sie betonte die Bedeutung der Biografischen Passung, seinerzeit als neues Grundverständnis gelingenden Engagements von Dr. Gisela Jakob eingeführt, die gleichermaßen für Bürgerschaftliches Engagement wie für die Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft und Unternehmen bedeutsam sei – und immer auch individuelle Partnerschaften zeitige. Und genau dafür würden kompetente, authentische „Agenturen“ benötigt, wie sie der Treffpunkt Hilfsbereitschaft als eine revolutionierende Entwicklung darstellte: Sie übernehmen Plattformfunktionen und sind Community Builders, gemeinschaftsbildend für eine engagierte Bürgergesellschaft. Ohne Einrichtungen wie den Treffpunkt Hilfsbereitschaft sei eine engagierte Bürgergesellschaft nicht zu haben.
Die Runde schloss mit der Forderung an die Politik, nicht zuletzt an die zahlreich vertretenen Mitglieder des Ausschusses für Bürgerschaftliches Engagement aus dem Berliner Parlament, dass für solche gesellschaftliche Entwicklungen der Freiwilligenbewegung immer wieder Hilfe zur Selbsthilfe gegeben werden müsse. Nur so könnten Herausforderungen wie der demografische Wandel gemeinschaftlich bewältigt werden.
Carola Schaaf-Derichs präsentierte dann Bilder und Skizzen von der Anfangszeit der Hilfsbereitschaft über die viele Entwicklungsschritte seither bis auf den Tag der vollendeten ersten 25 Jahre.
Weiterer Höhepunkt war dabei die Vorstellung des von der Landesfreiwilligenagentur Berlin – Treffpunkt Hilfsbereitschaft entwickelten, online gleichsam noch druckfrisch neuen Freiwilligenmagazins, das sich dem Thema Diversity, der Vielfalt in der engagierten Stadtgesellschaft verschrieben hat – und unter freiwilligen-magazin.info ab sofort zu lesen, zu hören und zu sehen ist: MENSCHEN – ORTE – THEMEN.
Mit zehn verschiedenen Köstlichkeiten, hergestellt und gereicht von den Schülerinnen und Schülern der Schülerfirma KULIMAX der Schule am Zwickauer Damm, ging der Nachmittag auch kulinarisch vielfältig und bei entspannten Gesprächen in den Abend über.
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